Kirche St. Anna in Tetenbüll

Spätgotische Kirche am südlichen Rand der Landgemeinde Tetenbüll

Karkenstraat, 25882 Tetenbüll

1113 Kapellenbau / Holzkirche

um 1400 Neubau als spätgotische Saalkirche

1491 Erweiterung und Turmbau


Tetenbüll ist die flächenmäßig größte Gemeinde der Kirchengemeinde Eiderstedt-Mitte. Die Kirche liegt am südlichen Rand der Landgemeinde auf einer mittelalterlichen Warft. Geweiht wurde die Tetenbüller Kirche der heiligen Anna, Mutter von Maria und Großmutter Jesu.


12./13. Jahrhundert

Eine Kapelle oder Holzkirche soll es bereits ab 1113 in Tetenbüll gegeben haben. 1297 wird eine Pfarrkirche erwähnt.


15./16. Jahrhundert
Die Erbauung der spätgotische Saalkirche St. Anna als Backsteinbau können wir nicht genau datieren. Vermutlich begannen die Arbeiten zum Beginn des 15. Jahrhundert. Die Eindeichung des angrenzenden, nördlich liegenden Marschkoogs wird auf um 1400 datiert.

1491 folgte eine Erweiterung und die Errichtung des Turmes. 1558 wurde der Chor angebaut.


17./18. Jahrhundert
Zum Anbau oder zu einem Neubau des Chores gibt es unterschiedliche Angaben. Ein Inschriftstein zeigt die Jahreszahl 1651.

Im 18. Jh. wurden Sanierungsarbeiten durchgeführt: Dachdeckung und Erneuerung der Südertür um 1729, 1731 wurde die Nordertür erneuert. 1738 bis 1739 wurden Reparaturen an Pfeilern durchgeführt und ein neuer Kirchboden gelegt.


19. Jahrhundert

1816 soll ein Blitzschlag den Turm getroffen haben. 1818 (Inschriftdatum) wurde die Windfahne erneuert.

1861 gab es umfangreiche Erneuerungen unter Leitung von Architekt Friedrich Holm aus Rendsburg: Nord- und Südtüren wurden zugemauert, der Westeingang im Turm wurde errichtet, ein Dachhängewerk wurde eingebaut und weiteres. Vermutlich ist der Turmhelm auch in dieser Zeit entstanden.

Weiterhin wurden im 19. Jahrhundert Wände mit Stützpfeilern stabilisiert, weil es statische Probleme gab.


21. Jahrhundert
Anfang des 21. Jahrhundert galt es, den drohende Einsturz der Kirche zu verhindern. 2002 war das nachmittelalterliche Süderhaus eingestürzt und wurde abgebrochen. Von 2004 bis 2009 wurden umfangreiche Gründungsmaßnahmen mit Erneuerung von 10 Stützpfeilern vorgenommen. 2023 begannen die Sanierungsmaßnahmen im Rahmen „Sanierung von 18 Eiderstedter Kirchen“. Schwerpunkte sind die Turmsanierung mit Erneuerung des Helms, Mauerwerks- und Dachsanierung. Die Arbeiten werden 2026 abgeschlossen sein.


Kurzbeschreibung einiger Besonderheiten

Je nach Quelle wurde der gotischer Schnitzaltar 1522 oder 1523 erschaffen, er wird der Brüggemannschule zugeordnet. Die renaissancezeitliche Kanzel ist auf 1575 datiert. 1596 entstand die Taufe mit einem Taufstein aus Sandstein. 1612/13 wurde über die ganze nördliche Seite des Schiffes die große Nordempore erbaut. Die Hauptfelder der Emporenbrüstung wurden bis 1654 mit dreißig Ölbildern aus biblischen Szenen ausgestattet. Um 1697 wurden die Abendmahlsbänke eingebaut. Stilistisch sind sie verwandt mit den auf 1705 datierten Bänken in St. Christian in Garding. Etwa um 1700 entstand die lebensgroße Triumphkreuzgruppe, die ursprünglich an der Südwand positioniert war - gemäß eines Fotos des Ortskulturrings Tetenbüll um 1920. Der Umzug in den Altarraum folgte also erst nach 1920. Im Jahr 1762 entstanden die beiden Logen im Altarraum. Die nördliche Loge ist als Beichtstuhl kenntlich gemacht. Für die Orgel haben wir 2 Einträge gefunden: 1796 neue Orgel von Mittelhäuser aus Wilster und 1861 neue Orgel von Färber aus Tönning.

Infos zu Quellenangaben siehe Seite "Chronologie Kirchen"

Chronologie St. Anna

1113 Kapellenbau
1297 eine Pfarre wird erwähnt
um 1400 Neubau als spätgotische Saalkirche im Backsteinbau
1491 Erweiterung und Turmbau
1523 Gotischer Schnitzaltar
1575 Kanzel
1596 Taufe
1612 bis 1613 Nordempore ("Bauernboden")
1654 Nordempore Brüstungsmalerei
1651 Chorneubau (Inschriftstein)
1697 Abendmahlbänke
1762 Logen im Altarraum
1861 umfangreiche Erneuerungen - Architekt Friedrich Holm
2002 Einsturz und Abbruch des nachmittelalterlichen Süderhauses
2004 bis 2009 Verhinderung des drohenden Einsturz mit Gründungsmaßnahmen
2023 bis 2026 Sanierungsmaßnahmen

Sanierung, Stand 1.10.25

Die Turmsanierung ist abgeschlossen. Aktuell wird das nördliche Kirchendach saniert.

KGEM, Fotos TG

St. Anna - Besonderheiten

Historische Lage St. Anna

Die Kirche steht auf einer mittelalterlichen Warft, einem durch Menschenhand aufgeschütteten Hügel. Warften waren ein wichtiger Schutz bei Überschwemmungen durch Sturmfluten. Die Landgewinnung des nördlich liegenden Marschkoogs wird auf um 1400 datiert.

Bereits im 13. Jahrhundert gab es in Everschop, nördlich des Dorfes Tetenbüll, eingedeichte Seemarschen. Diese Gebiete wurden durch schwere Sturmfluten zerstört und es kam zu großen Landverlusten (Zweite Marcellusflut, 1362).

Altar

Der Altar wurde 1523 geschaffen; seine Schnitzereien kommen aus der Brüggemannschule. 1654 erhielt der Altar die seitlichen Anschwünge und die Bekrönung, aus der sich die Figur des auf dem Regenbogen thronenden Weltenrichters heraushebt. Dargestellt werden im Mittelfeld die Kreuzigung und auf den Seitenflügeln die Dornenkrönung, Jesus vor Pilatus, Geißelung und Kreuzabnahme. Alle Wege durch die Kirche sind auf den Altar gerichtet. Dort feiert die Gemeinde die Begegnung mit dem menschenfreundlichen Gott, besonders im Abendmahl. Darauf weisen auch die Bibelverse auf der Predella hin: Es sind die Worte Jesu zu seinen Jüngern beim letzten Abendmahl. Bis heute sprechen sie seine große Einladung aus, und bis heute ist Christen die Gemeinschaft an diesem Tisch wichtig.

Sakramentenschrank

Im Altarraum findet man in einer Wandnische einen Sakramentenschrank aus spätgotischer Zeit. Die Tür trägt in gotischen Buchstaben die Inschrift : „hir is in de licham unses Herrn“, d. h. hier befindet sich der Leib unseres Herrn. Das Abendmahlsbrot, d. h. die Hostien, wurden hier aufbewahrt. Zum Empfang von Brot und Wein kniete man nieder. Die Abendmahlsbänke rechts und links des Altars aus dem Jahr 1697 erinnern noch heute daran.

Die Logen im Altarraum

Im Jahr 1762 entstanden die beiden Logen im Altarraum. Die nördliche ist kenntlich gemacht als Beichtstuhl. Die Inschrift sagt es ausdrücklich: „Ich bekenne dir, Herr, meine Sünd und verhele meine Missethat nicht. Psalm 32V5“ und „Gehe hin mein Sohn oder Tochter deine Sünden sind dir vergeben Matth. 9V2“. - Zur damaligen Zeit war es üblich, sich vor dem sonntäglichen Gang zum Abendmahl zu einem Beichtgespräch bzw. zu einem Austausch über Fragen des Glaubens zu treffen. Man meldete sich gleichzeitig zur Abendmahlsfeier an. Es war auch üblich, dabei die finanziellen Beiträge für die Gemeinde zu übergeben. Außerdem bestand natürlich jederzeit die Möglichkeit, außerhalb des privaten Bereichs des Pastors sich ungestört von Sorgen und Problemen zu entlasten. Die Beichte war üblich und keinesfalls mit der Reformation abgeschafft.

Bilder St. Anna

KGEM, Fotos TG